Bündnis Deutschland bloggt

Bild: Lighttracer – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3626877

Von Cordelia Kellner

Vor einigen Jahren stand ich im Büro meiner Chefin, um mir die Genehmigung zu holen, etwas aus unserer Feedbackdatenbank löschen zu lassen. Ein unzufriedener Kunde hatte mich namentlich aufs Übelste beleidigt, garniert mit ein paar haltlosen Unterstellungen. Meine Chefin pflegte zu solchen Gelegenheiten, die sicher jeder kennt, der nicht in Wolkenkuckucksheim lebt und arbeitet, zu sagen, dass wir unser Gehalt auch als eine Art Schmerzensgeld betrachten sollten und in der Tat, das half.

Gehalt bis zu einem gewissen Grad als Schmerzensgeld zu verstehen, half mir auch lange Zeit zu erklären, warum Politiker so gut bezahlt werden. Das, was ich in der Schule gelernt habe, nämlich dass man mit guten Politikergehältern Korruption vermeiden will, schien mir schon bei meiner ersten Begegnung mit dem sogenannten Lobbyismus nicht mehr so hundertprozentig schlüssig. Für das Tragen von Verantwortung werden Politiker offensichtlich auch nicht bezahlt, denn Konsequenzen für das eigene Handeln zu übernehmen ist schwer aus der Mode gekommen.

Aber das mit dem Schmerzengeld, ja, das erschien mir immer sinnvoll. Politiker haben stets viel eingesteckt, oftmals ging es über die sachliche Kritik ihrer Arbeit weit hinaus und ich habe bewundert, wie das an den Allermeisten abgeperlt ist.
Dann kam die Ampel, polemische Kritik wurde zu „Hass und Hetze“, die sich nebenbei auch sehr gut eignete, um den politischen Gegner als Sozialschädling zu deklarieren.
„Hass und Hetze“ sind so wunderbar gummiweiche Begriffe, dass man darunter alles fassen kann, was die persönlichen Gefühle irgendwie verletzt oder vielleicht verletzen könnte. Schließlich sind Gefühle so viel wichtiger als Fakten oder gar Straftatbestände. Plötzlich wird „Hass und Hetze“ sogar mit Fördergeldern vom Staat durch private Stellen katalogisiert. Gründe dafür lassen sich sicher in verschiedenen Geschichtsbüchern beiderlei Einbands finden, braun wie dunkelrot.
Findige FDP-Politiker haben sogar eine Organisation gegründet, die das Internet nach allem durchsucht, was „Hass und Hetze“ sein könnte und eventuell einen Straftatbestand darstellen könnte. Das wird dann fleißig angezeigt, die Post freut sich, die Anwälte auch und die neuerdings zartbesaiteten Politiker erst recht, wird doch ihr üppiges Gehalt noch von „Schmerzensgeldern“ aufgestockt, und das nicht zu knapp. Man sagt, Frau Strack-Zimmermann, würde mehr als einen Staatsanwalt beschäftigen. Für eine Frau, die einem Kritiker, in aller Öffentlichkeit mit Anschwärzen beim Arbeitgeber droht, ein interessanter Schachzug; muss sich lohnen.
Lustige Memes sind heute nur noch bei Fernsehsatirikern im Öffentlich-rechtlichen zu akzeptieren. Kommen sie von Otto-Normalverbraucher sind sie ehrabschneidend und können schon mal zu ein paar tausend Euro Strafe plus Schmerzensgeld und Anwaltskosten führen.

Politiker, die durch ihre Dünnhäutigkeit quasi ständig die Majestätsbeleidigung bemühen und dadurch ein ordentliches Sümmchen an Schmerzensgeld erwirtschaften, brauchen eigentlich ihr Gehalt nicht mehr als solches.
Für was also werden sie bezahlt? Man kann die weit überdurchschnittliche Bezahlung schwerlich
als faire Entlohnung für gute Arbeit in einem Job ansehen, der ein Mindestmaß an Qualifikation erfordert. Die Gründe dafür sind bekannt und gerne zitiert, ein Bundestagsmandat erfordert weder Qualifikation noch Anwesenheit, beides wird weidlich ausgenutzt.
Wenn also Korruptionsschutz und Schmerzensgeld als Begründung wegfallen, eine gute Leistung schlicht nicht erkennbar ist, für was werden Politiker so überdurchschnittlich bezahlt?

Wäre es nicht fairer, Politikern ein Durchschnittsgehalt zu bezahlen, gekoppelt an die allgemeine Gehaltsentwicklung? Das wäre nicht nur ungemein solidarisch, nein, es würde auch ein echtes Interesse am allgemeinen Wohl der Bevölkerung fördern.
Damit der Lebensstandard der Politiker nicht komplett einbricht, wäre vielleicht eine Art Bonussystem denkbar, bei dem Zahlungen an feste Ziele geknüpft werden.
Man könnte die Leistung des Außenministers zum Beispiel am Ansehen Deutschlands in der Welt messen, und weniger an einem Modelboock. O.K., da Parameter zu finden, dürfte schwierig werden. Man könnte auch die Ziele des jeweiligen Koalitionsvertrags berücksichtigen. Wenn sich eine Regierung auf die Fahnen schreibt, CO2 sparen zu wollen, wäre doch eine bonusbewährte Einsparung von persönlichen und beruflichen Flugmeilen schick. Die von einigen Regierungsmitgliedern so gerne und reichlich genutzte Flugbereitschaft könnte vielleicht verkleinert werden; ein Bonuspunkte-Jackpot für den gesamten Bundestag.
Kritisch wäre die Situation wohl für eine Regierung, die den Bau von 400.000 Wohnungen propagiert und dann mit ihrer katastrophalen Politik die Baubranche vor kaum lösbare Aufgaben stellt. Wo sollten da Bonuspunkte herkommen?
Um jegliches Gemauschel zu vermeiden, sollten die Bonusziele natürlich vom Arbeitgeber, also dem Volk festgelegt werden. Ein Bürgerrat „beliebig ausgelost“ und von der Opposition betreut, erscheint für diesen Zweck durchaus in Betracht zu kommen.